Ist das Frühstück tatsächlich die wichtigste Mahlzeit des Tages?

Wir sind ein Land der FrühstückerInnen – egal, ob wochentags oder am Wochenende. Am Wochenende wird das Frühstück meist noch mehr zelebriert, sodass das Angebot an Frühstücks-Cafés oder Brunch-Buffets immer weiter wächst.

Auch wird uns seit jeher die Wichtigkeit des Frühstücks eingetrichtert: „Frühstücke wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein Bettler.“ – doch woher kommt dieser Spruch und ist er noch aktuell?

Geschichtler Background

Sieweiches Frühstücksei ht man sich die Evolutionsgeschichte des Menschen an, zeigt sich: unser Körper ist grundsätzlich nicht auf eine Mahlzeit am Morgen angewiesen. Bereits der Urmensch hatte in der Früh ausreichend Energie, die er auch benötigte um sich nach dem Aufwachen auf die Jagd zu machen. Nach erfolgreicher Jagd wurde anschließend gegessen. Auch heute noch ist unser Blutzuckerspiegel meist nach dem Aufwachen hoch, sodass wir mehrere Stunden ohne Mahlzeiten auskommen würden.

Erste Belege für das Einnehmen eines Frühstücks fanden Forscher am Nil: Ägypter aßen bereits vor rund 2.500 Jahren 3 Mahlzeiten pro Tag – wobei das Frühstück offenbar aus Gebäck, Obst oder Mandeln sowie Bier oder Wein bestand.

Seither haben sich äußert vielfältige Frühstückskulturen weltweit entwickelt: sei es die Miso-Suppe oder frischer Fisch in Japan; Waffeln oder Pfannkuchen mit Ahornsirup in Kanada; Schafskäse, Oliven, Tomaten, Paprika, Gurke, Rührei und Sesamkringel in der Türkei oder das eher spartanische Frühstück aus Kaffee mit einem Stück Gebäck – Croissant oder Keks – in Italien, Frankreich und Spanien.

Heutzutage ist das Frühstück für viele Menschen zu einem Lebensgefühl geworden, welches zu einem Boom der Frühstücksindustrie führt. Vor allem bei Cerealien locken die Produzenten mit neuen Versprechen wie „PowerMüsli“, „Low-Carb-Müsli“ oder „Wellness-Flakes“.

Studien & ihre Glaubhaftigkeit

Betrachtet man aktuelle Studien, erweist sich die Idee von der Unverzichtbarkeit des Frühstücks als ein Märchen. Unabhängig voneinander haben einige deutsche und amerikanische Ernährungswissenschafter die Glaubenssätze der Frühstücksindustrie hinterfragt und untersucht und kommen zu einem ernüchternden Ergebnis:

Das wissenschaftliche Fundament, auf dem die schönen Werbeversprechen beruhen, taugt in vielen Fällen nichts.

gut gedeckter Frühstücks-Tisch

Viele Studien, die die Wichtigkeit des Frühstücks untermalen sollten, wurden von Lebensmittelkonzernen finanziert oder von Personen durchgeführt, die ein gewisses Naheverhältnis zu der Industrie pflegen. So beruft sich zum Beispiel Nestlé auf eine Studie eines australischen Privatdozenten, welche die anregende Wirkung von ballaststoffreichen Cerealien auf die Darmtätigkeit bestätigt. Dieser Privatdozent war jedoch bis 2013 Mitglied eines wissenschaftlichen Beraternetzwerks für Nestlé in Australien – bleibt also die Frage, wie unabhängig und unbeeinflusst seine Studie durchgeführt wurde.

Ebenso wurde der angebliche Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und dem Auslassen des Frühstücks untersucht. Ein Team von amerikanischen WissenschafterInnen fand heraus, dass derartige Behauptungen schon gewagt sind und einer genauen wissenschaftlichen Analyse nicht standhalten.

Die etwas lapidare Schlussfolgerung der unterschiedlichen WissenschafterInnen wurde wie folgt festgehalten: „Der Glaube an einen Zusammenhang zwischen Frühstück und Fettleibigkeit ist stärker als die wissenschaftlichen Nachweise.“

Betrachtet man also genauer, wer bisher die Studien finanziert hat, die zu einem derartigen „Frühstücksfundamentalismus“ geführt haben, so wird man feststellen, dass ein ziemlich ernüchterndes Fazit hinsichtlich Frühstückskalorien und Gewichtsreduktion bei Erwachsenen der Fall ist, nämlich: „Im Gegensatz zu weithin vertretenen Auffassungen gibt es keinen wahrnehmbaren Effekt auf Erwachsene, die ihr Gewicht zu reduzieren versuchen.“

Es konnte jedoch mittels Studien in den USA und Schweden nachgewiesen werden, dass der regelmäßige Konsum eines Frühstücks bei Kindern und Jugendlichen dazu führt, dass sie später weniger anfällig sind, übergewichtig zu werden. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte die soziale Komponente sein, die mit einem gemeinsamen Frühstück einhergeht: ein intaktes Familienverhältnis verbunden mit einem behüteten Aufwachsen mit mehr Sport und Bewegung.

Von Eulen & Lerchen

Es ist erwiesen, dass wir Menschen auf Grund der Präferenz für Tages- oder Nachtaktivität in zwei Typen einzuteilen sind: nämlich in die Eulen- und Lerchentypen. Sprich Frühaufsteher werden als Lerchentypen bezeichnet, Nachtmenschen demnach als Eulentypen.

Viele Eulentypen, die entsprechend nicht gern in der Früh aufstehen und möglicherweise länger brauchen um „in die Gänge“ zu kommen, bekommen oft morgens kein Frühstück runter. Bei den Frühaufstehern ist dies oft andersrum, sodass sie sich mit einem Frühstück wohler fühlen.

Wichtig ist: beide Varianten sind in Ordnung & das Hören auf unsere innere Stimme hat Vorrang!

Demnach möchte ich dir folgende Tipps geben:

  • finde heraus, welcher Typ von Mensch du bist, eher eine Eule oder eine Lerche?
  • versuche auf dein Hungergefühl morgens zu achten? Frühstückst du aus Gewohnheit, weil es eben seit jeher so ist oder weil du tatsächlich hungrig bist und die Energie benötigst?
  • egal welcher Typ du bist, sorge dafür, dass du etwas trinkst in der Früh und ein ausgewogenes Frühstück zur Verfügung hast – auch für später, wenn du möglicherweise unterwegs bist.

Wie sieht nun das „ideale“ Frühstück aus?

Porridge mit Früchten als FrühstücksinspirationDavid Fäh, ein Schweizer Ernährungswissenschafter, hat Untersuchungen durchgeführt um zum einen festzustellen, wie viele Kalorien und Fett verschiedene Frühstücksvarianten haben und zum anderen deren Sättigungsgrad bzw. -dauer zu erforschen.

Demnach rät er von dem gängigen „schnellen Frühstück“ mit Croissant, Muffin oder Donut ab, auf Grund deren hohen Fett- und Zuckergehalt und dem niedrigen Eiweißgehalt, da dies eine sehr kurze Sättigung von höchstens zwei Stunden zur Folge hat. Das Wurstbrot oder die Wurstsemmel fallen ebenfalls in diese Kategorie der kurzen Sattmacher.

Daher empfiehlt der Ernährungswissenschafter eine Kombination aus ausreichend Eiweiß und Kohlenhydraten, die der Körper nur langsam aufspalten könne und so zu einer Sättigung von bis zu 5 Stunden führt.

Hier noch ein paar selbstgemachte Beispiele für diese optimale Nährstoffkombination für dein Power-Frühstück – egal ob gleich nach dem Aufstehen oder erst etwas später:

  • Birchermüsli selbstgemacht: Haferflocken über Nacht in Wasser eingeweicht, morgens Zitronensaft, Milch und einen geriebenen Apfel hinzufügen
  • Porridge: Mischung aus Hafer-, Hirse- und Reisflocken, mit Wasser aufkochen, Topfen hinzufügen und gut vermengen, anschließend mit geraspelter Banane und Apfel sowie Zimt verfeinern.
  • Rührei mit Blattspinat auf Vollkornbrot
  • gefülltes Vollkornweckerl mit Käse, Ei & dazu Karottensticks

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