Oftmals wird als kurze und knackige Erklärung für intuitives Essen die folgende geboten: “Beim Intuitiven Essen lernst du, zu essen, wenn du hungrig bist und aufzuhören, wenn du satt bist.”
Nun ja, diese Erklärung ist zu einem gewissen Teil richtig, jedoch ist intuitive Ernährung mehr, als zu essen, wenn du Hunger hast und bei Sättigung aufzuhören. Und doch, will ich mich heute dem Prinzip “Honoriere deinen Hunger”, der insgesamt 10 Prinzipien vom Intuitiven Essen nach den Gründerinnen Evelyn Tribole & Elyse Resch, widmen.
Honoriere deinen Hunger
Wenn ich Frauen in meinen Beratungen frage, wie es sich anfühlt, hungrig zu sein, bekomme ich meistens folgende Antworten:
- Ich weiß es nicht, ich bin so gut wie nie hungrig.
- Naja, ganz logisch, wenn der Magen knurrt.
Keine der beiden Antworten ist falsch und doch, sagen sie sehr viel aus. Zu welcher tendierst du?
Auf Grund von jahrelangen, zahlreichen Diäten kann es gut möglich sein, dass du dir jegliches Hungergefühl, und auch die Wahrnehmung der entsprechenden Körpersignale, abtrainiert hast. Warum? Weil Diäten mit den unterschiedlichsten Regeln und Vorschriften um die Ecke kommen und dir genau vorgeben, wann du zu essen – also hungrig zu sein – hast und wann du dann auch wieder satt bist.
Wird dir von einer Diät vorgeschrieben, dass du unbedingt mehrere Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten einzuhalten hast, unterdrückst du automatisch jegliches Hungergefühl, weil „du darfst ja noch nicht wieder hungrig sein“. Auch beim derzeit bekannten und beliebten Intermittierendem Fasten isst du nach der Uhr und nicht nach deinem Hungergefühl. Wie oft war dir womöglich nach 14 Stunden Essenspause schon übel, du hast zu zittern begonnen oder dich nur mehr schwer konzentrieren können, und trotzdem noch weitere 2 Stunden ausgehalten?
Hungrig zu sein wird leider auch durch Diäten als etwas schlechtes dargestellt, es gehört sich halt einfach nicht. So als wäre es ein Zeichen von Schwäche. Doch ist es lediglich ein biologisches Signal deines Körpers, dass er versorgt werden möchte. So wie Durst oder der Harndrang.
Denn sei mal ehrlich, hast du dir nicht selbst schon mal die Frage gestellt “Warum bin ich schon wieder hungrig? Ich hab doch erst vor 2 Stunden gegessen…”
Richtig, das sind meist Fragen, die wir uns rund um unseren Hunger stellen. Wie oft stellst du dir diese Frage jedoch beim Harndrang? Ja, ich weiß, das kann lästig sein, wenn man jede Stunde aufs WC läuft. Aber würdest du dir beim Harndrang Zeitlimits setzen, wie zum Beispiel: ich muss mindestens 4 Stunden Pause zwischen dem Toilettengang einhalten?
Hunger ist das natürliche Signal deines Körpers, dass er Energie benötigt. Und diese Signale können jeden Tag unterschiedlich sein, mal hast du früher wieder Hunger nach einer Mahlzeit, mal später.
Hör mal gut auf deinen Körper und spür hin, wie oft du die Hungersignale unterdrückst oder hinterfragst, weil du ja erst gegessen hast!
Hunger übergehen
Genau durch diese Diätvorschriften kann es häufig passieren, dass du bei den eigentlichen Mahlzeiten nicht genügend isst, weil du doch weniger essen solltest um endlich abzunehmen. Was dazu führt, dass viele Frauen tagsüber einfach viel zu wenig essen und somit ihren Körper notwendige Energie vorenthalten.
Doch dein Körper ist schlau und holt sich dann meist abends endlich all die Energie, die du ihm tagsüber verwehrt hast. Wie? Durch abendliche Heißhungerattacken (manche nennen sie auch “(Fr-)Essanfälle” von Süß- oder Knabbergusto, denen du wahrscheinlich nur schwer widerstehen kannst. Und der Kreislauf beginnt von vorne, weil du dich danach schlecht fühlst und dir „ab morgen“ mehr Disziplin versprichst.
Jedoch ist dein Körper – wie schon erwähnt – einfach nur sehr schlau und holt sich, was er braucht. Das Problem liegt nicht in den abendlichen Heißhungerattacken auf Süßes oder Salziges, sondern viel mehr darin, was und wie viel zu tagsüber isst.
Es kann aber auch sein, dass du dich nicht traust, mehr zu essen, weil sich das ja nicht gehört. Denn auch die gesellschaftlichen Normen geben dir immer wieder vor, was und vor allem wie viel eine Frau zu essen hat. Da geht es wiederum mehr um ein klassisches Frauenbild, als deine tatsächliche Sättigung.
Denk einfach mal drüber nach, wie oft man bei Buben sagt “Iss, du musst ja groß und stark werden”. Bei Mädchen wird oftmals von Haus weniger aufs Teller gegeben. Beobachte das gern mal in deiner Familie oder beim nächsten Restaurantbesuch.
Lerne die Signale deines Körpers wieder kennen
Dein Körper sendet dir meist klassische Signale – wie das erwähnte Magenknurren – jedoch kann das Spektrum der Körperempfindungen weit darüber hinausgehen.
Es kann sein, dass du unruhig wirst, dich schwer konzentrieren kannst, dir womöglich übel wird oder du auch zittrige Hände bekommst. Auch das können Anzeichen für Hunger sein.
Nimm dir mal bewusst Zeit und spüre in dich hinein. Stell dir mal die folgenden Fragen:
- Wie fühlst du dich gerade?
- Bist du angenehm satt oder doch schon leicht hungrig?
- Wo spürst du die Sättigung oder doch den Hunger?
- Kannst du diese Signale nur im Magen/Bauch wahrnehmen oder auch in den Händen, Hals, Beinen, oder sonst wo?
- Verändern sich womöglich auch deine anderen Kanäle für deine Sinneswahrnehmungen, also deine Sehkraft, die Intensität von Gerüchen oder hörst du vielleicht nur mehr selektiv – also bestimmte Dinge/Geräusche?
Lass dich mal ganz auf deinen Körper ein und entdecke die Vielfalt all der Signale, die er dir ständig – wenn auch vielleicht leise – mitteilt.
Und noch ein kleiner Tipp: für diese Übung des Hinspürens solltest du dir Zeit nehmen und dir Ruhe gönnen. Im hektischen Alltag könnte es doch schwierig werden, dich auf deine Körpersignale zu konzentrieren.
Dein Körper ist kein Schweizer Uhrwerk
Je mehr du dich mit deinem Körper, deinem Hunger und den dazugehörigen Körpersingalen auseinandersetzt, wirst du feststellen, dass kein Tag exakt dem nächsten gleicht. Mal hast du mehr Hunger, mal weniger, dann hast du mal längere Phasen zwischen den Mahlzeiten oder bist nach kurzer Zeit schon wieder hungrig, obwohl dein Frühstück zum Beispiel genau dasselbe war, wie am Tag zuvor.
Dies liegt einfach daran, dass unser Körper eine gewisse Menge an Energie benötigt um die Grundversorgung aufrecht zu erhalten ( der sogenannte Grundumsatz). Dann kommt noch hinzu, wie viel mehr Energie wir brauchen, je nachdem wie viel wir an einem Tag leisten. Somit ist es zwar interessant zu wissen, wie hoch dein Grund- oder Leistungsumsatz ist, jedoch ist dieser nicht jeden Tag gleich. Wir hätten zwar immer gern diese Präzession eines Schweizer Uhrwerks, nur funktioniert unser Körper so nicht. Ja, er ist ein absolutes Wunderwerk, jedoch kommt er mit Schwankungen und individuellen Eigenheiten.
Bei uns Frauen kommt auch noch hinzu, dass unser Energiebedarf auf Grund unseres Zyklus’ variiert. Sodass wir rund eine Woche vor unserer Menstruation mehr Energie benötigen, als rund um den Eisprung. Daher bedenke auch immer, wo du gerade im Zyklus stehst, wenn du mehr Hunger hast oder “schneller” wieder hungrig bist.
Der Kreis schließt sich
Wirst du dir der Signale deines Körpers bewusst & akzeptierst deinen Hunger als das was er ist – ein Körpersignal, das auf ein natürliches Grundbedürfnis hinweist, schließt sich der Kreis. Denn das sind die ersten Schritte um deinen Hunger zu honorieren: du isst, wenn du hungrig bist und lernst auch wahrzunehmen, wann du satt bist oder aber auch – über deinen Hunger zu essen. Denn auch das ist möglich, wenn dir eine Mahlzeit besonders gut schmeckt zum Beispiel. In dem du mehr Bewusstsein in deinen Essalltag bringst, richtest du mehr Aufmerksamkeit auf deine Körpersignale, das Essen und den Genuss dessen, da du nicht mehr zwischen den Extremen schwankst: Bärenhunger oder pappsatt.
Denn auch dein Gehirn nimmt den Vorgang des Essens viel bewusster wahr, sodass der Akt der Essensaufnahme an sich mit mehr Freude und Genuss erlebt, verbunden und abgespeichert wird.
In diesem Sinne, wünsch ich dir viel Freude beim Entdecken und Kennenlernen deiner Körpersignale!
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